Neues Museum

Hansestadt Lüneburg

Mit der dritten Ergänzung des ehemaligen Museums für das Fürstentum Lüneburg knüpfen Springer Architekten an eine Tradition von Museumsbauten aus dem 19. Jahrhundert an, die den Gegenstand des Museums zum architektonischen Thema und damit das Bauwerks selbst zu einem Exponat macht. Erreicht wird eine selbstverständliche Bindung des neuen Hauses in den Kontext der alten Hansestadt.

Nicht zufällig erinnern die dunkelroten Ziegelfassaden des Neuen Museums mit ihrem Rhythmus schlanker Lisenen an die sorgfältig gemauerten, vertikalen Gliederungen der gotischen Bürgerhäuser Lüneburgs. Dennoch ist die Erweiterung ohne Zweifel als ein Bauwerk unserer Zeit zu erkennen. Mit seinem expliziten Bezug zur charakteristischen Architektur der einstmals bedeutenden Salzstadt steht aber auch der Neubau wieder in der Tradition des Gründungsbaus aus dem späten 19. Jahrhundert. Schon kurz nach seiner Fertigstellung erscheint das neue Haus in einer selbstverständlichen Form vertraut in seiner historisch gewachsenen Umgebung.

Ganz sicher ist gerade für ein kulturhistorisches Museum, eine derartige Verankerung in der gebauten Tradition des Ortes eine angemessene und sinnvolle architektonische Haltung. In der Gestalt des neuen Hauses gewinnt das Bewahrende eine zusätzliche, zeichenhafte Qualität: die großen, handwerklich gefügten Ziegelflächen zeigen an, daß sich hier etwas Besonderes, etwas Schützenswertes befinden muß. Als Ausdruck des Gebauten teilt sich diese bergende Eigenschaft dem Besucher in einer unmittelbaren, fast unterbewußten Form mit: auch der unkundige Besucher wird in diesem Haus das Museum der Hansestadt erkennen.

Dennoch ist das Neue Museum kein hermetisches Bauwerk – im Gegenteil. Großzügig öffnen sich das Foyer, der Raum für Wechselausstellungen und Veranstaltungen und ein weiterer Ausstellungsraum zur Ilmenau und zur gegenüberliegenden, eindrucksvollen Silhouette der Altstadt um die Johanniskirche. Denn selbstverständlich ist das Bewahren nicht die einzige Aufgabe des Museums. Mindestens ebensosehr geht es auch darum, das Wissen um die Vergangenheit zu vermitteln und dieses Wissen auch weiter zu entwickeln. In diesem Sinne ist das Neue Museum der Stadt zugewandt, Teil des kulturellen Lebens der Hansestadt, ein Raum des regelmäßigen Austauschs der Bürger untereinander und damit auch ein Identität stiftender Ort der Selbstvergewisserung einer städtischen Bürgerschaft.

Zusätzlich zu den überwiegend kleinteiligen Ausstellungsflächen des ja nur noch als Fragment erhaltenen Gründungsbaus bietet der neue Erweiterungsbau auf zwei Ebenen großzügige Ausstellungsräume an und schafft damit auch die räumlichen Voraussetzungen für die Zusammenführung des naturkundlichen Museums mit dem alten Museum für das Fürstentum Lüneburg. Die Erschließung läßt unterschiedliche Rundgänge auch durch einzelne Teile der Ausstellungsflächen zu. Dabei werden jetzt auch die Flächen im Bestand barrierefrei eingebunden. Immer wieder erleichtern Ausblicke auf die Altstadt die Orientierung im Haus.

 

Bauherr: Hansestadt Lüneburg
Gutachterverfahren, 1. Rang, realisiert
mit G. Heidenreich
Erweiterung des Museums und Teil-Sanierung des Gründungsbaus
Mitarbeit: T. Richter, J. Sabien, Johann Jambor
Tragwerk: Ingenieurbüro R. Jockwer GmbH, Berlin
Freianlagen: Stefan Bernard Landschaftsarchitekten, Berlin
Fotos: Bernd Hiepe, Berlin
Historische Abbildung: Gotisches Bürgerhaus, Lüneburg


BDA-Preis Niedersachsen 2015, Auszeichnung