Schloss Köthen

Köthen (Sachsen-Anhalt)

In einer über Jahrhunderte gewachsenen Tradition der Interventionen sind Ergänzungen hier in Köthen zwar in ihrer Zeitgebundenheit durchaus lesbar, sie tragen aber in gleichem Maße auch und immer wieder neu zu einer geschlossenen Wirkung des Ganzen bei. In diesem Sinne haben Ergänzungen, gleich welchen Maßstabs, hier recht eigentlich den Charakter einfacher Reparaturen. Die Differenzen zum Bestehenden sind eher subtil, fast beiläufig. Auf eine allzu ostentative Inszenierung des jeweils Neuen kann gut verzichtet werden.

So ist die Schloßanlage in Köthen für uns heute ein wunderbares Beispiel einer wieder neu zeitgemäßen Haltung im Umgang mit dem uns überlieferten Bestand. Im Grunde ein Konglomerat eigenständiger, vielfach umgestalteter Bauwerke, beeindruckt das (bezeichnenderweise als Ganzes so genannte) ‚Schloß‘ mit einer dennoch vergleichsweise kohärenten Gesamtwirkung. Konzediert, daß diese Wirkung sich nicht zuletzt auch dem inzwischen recht oberflächlichen Blick heutiger Betrachter verdankt, bleibt doch bemerkenswert, daß sich sämtliche Eingriffe einigen wenigen, gemeinsamen architektonischen Themen verpflichten.

Bezogen auf den hier in Rede stehenden Neubau ist die Frage also schon, wieviel Eigenständigkeit eine Ergänzung, im Grunde ja eine Reparatur des Ensembles, eigentlich verträgt oder umgekehrt eben: wie sehr nicht auch diese Reparatur sich dem Zusammenhang des Ganzen verpflichten sollte. Dazu lohnt ein genauerer Blick auf den Vorgängerbau, das um 1530 errichtete Amtshaus – bis zu seiner Zerstörung ja immerhin das wohl älteste Bauteil des Schlosses. Mit seinen eigenwilligen dreibogigen Blendgiebeln belegt das zerstörte Amtshaus eine früher größere Bandbreite architektonischer Ausdrucksformen, als der heutige, von Dreiecksgiebeln und sechseckigen Treppentürmen dominierte Bestand vermuten läßt.  Eine geschlossene Wirkung zumindest für den Innenhof mag das Ziel früherer Interventionen, etwa im 19. Jahrhundert bei Bandhauer, gewesen sein, sie wurde aber bisher nie erreicht.

Das eröffnet auch für die geplante Ergänzung des Ensembles einen gewissen Spielraum zwischen Anverwandlung und formaler Eigenständigkeit – womit auch das architektonische Thema des ergänzenden Neubaus skizziert wäre. Natürlich ist die Form der Giebel nicht zuletzt auch ein Verweis auf die markanten Stufengiebel des zerstörten Vorgängerbaus – keine Rekonstruktion, aber auch keine nur auf sich selbst bezogene Neuerfindung. Eine Anspielung, ein Widerschein der gestalterischen Eigenart des Renaissancebaus auch im neuen Haus.

 

Auslober: Kulturstiftung Sachsen-Anhalt
Wettbewerb 3. Preis
Neubau eines Besucherzentrums und Sanierung des Schlosses, Einrichten einer barrierefreien Besucherführung und Neugestaltung des Schloßhofes.
Mit Marcel Adam Landschaftsarchitekten BDLA, Potsdam
Mitarbeit: T. Kublashvili, R. Weigel, J. Franck