Kulturhaus Schloß Großenhain
Großenhain ( Sachsen)
Das Kulturhaus Schloß Großenhain nutzt die Ruine einer 1856 im Stil eines italianisierenden Klassizismus errichteten Textilfabrik. Auch wenn in diesen Neubau seinerzeit wichtige Bauteile sehr viel älterer Vorgängerbauten integriert wurden – neben dem ältesten Teil, dem Bergfried aus dem 14.Jhdt. gehen Kellergewölbe und Teile des Mauerwerks bis auf das 16.Jhdt. zurück– hat allerdings ein Schloß hier nie existiert.
Daß die Bezeichnung ‚Schloß’ dennoch in der Stadt üblich war, ist Ausdruck einer Identifikation mit diesem Ort, die erst mit der Aufgabe der Fabriknutzung möglich wurde. Erst das Bild der Ruine eröffnete einen Deutungsspielraum, der über das Sichtbare ebenso hinausreicht, wie über die eigentlich bekannte Geschichte. Mit den vielfältigen Spuren der recht wechselvollen Geschichte der Ruine schließt dieser Deutungsspielraum eine Vergangenheit ein, die viel weiter zurückreicht, als die Ursprünge der erhaltenen Substanz.
Erst das Bild der Ruine ermöglicht jene Unschärfe der Begriffe (‚Schloß’), die hier die Bedeutung des Hauses in der Stadt viel treffender zu beschreiben vermag, als die richtigere Bezeichnung: ‚renovierte Fabrik’. Die Ruine wird damit zu einem paradoxen Zeichen für das Neue. Einem Zeichen, das sich gerade in seiner Uneindeutigkeit, in seiner Widersprüchlichkeit als erstaunlich offen und damit als durchaus angemessen für die neue kulturelle Nutzung des Hauses erweist.