Festspielbühne Wunsiedel

Wunsiedel i. Fichtelgebirge

Die eindrucksvolle Kulisse der Wunsiedeler Felsenlandschaft wird schon seit dem 17. Jahrhundert als natürliche Bühne genutzt. Gespielt wird gegen den Hang, also mit der romantischen Felsenlandschaft gleichsam als Bühnenhintergrund. Dabei wurde zunächst die natürliche Situation genutzt, wie sie war. Erst 1905 errichtete man eine erste Zuschauertribüne, damals noch als einfache Holzkonstruktion. Nur wenig später, 1912 wurde dann ein noch heute vorhandenes, steinernes Sockelbauwerk hinzugefügt.

Frei Otto [1] erweiterte dann 1969 (also noch vor den Olympiabauten in München) die Tribüne um eine weit auskragende Stahlkonstruktion, die er mit einem Membrandach überspannen ließ. Das Membrandach, das in jedem Winter abgebaut wird, steht seither bildlich für den temporären Charakter der Festspiele, die ja auch nur in den Sommermonaten statt finden.

Die notwendige Erweiterung der betrieblichen Flächen wurde genutzt, um die eindrucksvolle Aufführung eines Festspieltheaters in der dunklen Felsen- und Waldlandschaft weiter zu entwickeln. Dabei sollten die Eingriffe in die gestaltete Felsenlandschaft auf ein Mindestmaß beschränkt bleiben. Unter der weit in die Landschaft auskragenden Zuschauertribüne nimmt ein neues Sockelbauwerk, dessen freie Grundrißform gleichsam aus der Felsenlandschaft herauszuwachsen scheint, die zusätzlichen Räume auf. Etwa auf Bühnenhöhe bildet dieser Sockel mit einer großzügigen, begehbaren Fläche das neue ‚Foyer’ der Festspielbühne.

Das neue Foyer nutzt hier ganz selbstverständlich die Überdachung, die sich aus den weit auskragenden Sitzreihen ergibt. Dort sind auch die wichtigsten Serviceflächen angeordnet. Der gebaute Gegensatz zwischen dem erdverbundenen Sockel und den frei auskragenden Sitzreihen mit dem Zeltdach prägt die Einbindung des Festspieltheaters in den umgebenden Landschaftsraum. Einige Meter über dem Waldboden, zwischen den Baumkronen, bieten Ausblicke ins Tal den Zuschauern heute ein besonderes Landschaftserlebnis.

Die Sockelbauwerke in dunkelgrau eingefärbtem Beton scheinen mit dem Waldboden zu verschmelzen; dunkelrot glänzend lackierte Holzflächen der Einbauten für die Bar tragen zur feierlichen Atmosphäre an diesem Ort bei. Darüber scheint die Zuschauertribüne mit ihrem weißen Zeltdach zu schweben. Wie die bestehenden Anlagen, so tragen auch die neu eingefügten Bauteile zur eindrucksvollen Inszenierung der Festspielbühne als Lichtung inmitten der dunklen Felsen- und Waldkulisse bei.

[1] Frei Otto mit Hans Habermann, John Koch, Gernot Minke und Bern-Friedrich Romberg (Berlin); veröffentlicht in Bauwelt 47/1969

 

Bauherr: Stadt Wunsiedel
Wettbewerb 1. Preis, realisiert
mit G. Heidenreich
Erweiterung und Umbau des Freilichttheaters mit 2.200 Zuschauerplätzen; Neubau des Betriebsbereichs
Wettbewerb: V. Chacon, J. Jambor
Mitarbeit: T. Heiring , F. Käser, U. Russ, T. Weber
Tragwerk: Ingenieurbüro R. Jockwer GmbH u. Horner Ingenieure, Berlin
Freianlagen: Weidinger Landschaftsarchitekten, Berlin
Fotos: Bernd Hiepe, Berlin